„Schnelle Lösungen“ (verfasst von Herbert Weiß)

Pünktlich vor der Nationalratswahl erinnern sich alle Parteien an das Thema Bildung, auch solche, die lieber den zuständigen Minister für alle Missstände verantwortlich machen, als sich selbst mit der Lösung von Problemen zu beschäftigen. Dass es sich hauptsächlich um Probleme handelt, die von außen in die Schulen hineingetragen werden und deshalb von den dort handelnden Personen nicht allein bewältigt werden können, interessiert nur wenige. Unterstützt werden diese Parteien von einigen Medien und vor allem von selbsternannten „Bildungsexpert:innen“, die allzu gerne „gute Tipps“ geben. Deren Namen will ich gar nicht nennen. Bei einigen von ihnen führt nämlich allein die Nennung ihres Namens zu Magenkrämpfen im Kreis der Lehrer:innen. Für „Bildungsexpert:innen“ lässt sich mit plakativen Thesen viel Geld verdienen, obwohl ihnen in Wahrheit jegliche Expertise fehlt.

Dass manche „Lösungsvorschläge“ von Parteien bzw. ihrer Proponent:innen gelinde gesagt unausgegoren oder schon sehr alte Hüte sind, zeigt, dass sie das Thema nicht wirklich ernst nehmen. Den Vogel hat wohl der Wiener Bildungsstadtrat (NEOS) mit seiner Forderung nach einer sechsjährigen Volksschule abgeschossen.

Die Schule ohne Noten und jeglichen „Leistungsdruck“ und natürlich die Gesamtschule zählen wieder zu den sogenannten „Lösungsvorschlägen“ der jüngsten Zeit. Dass diese gerade aus dem linken Parteienspektrum kommen, wundert mich besonders. Glauben die Proponent:innen wirklich, dass sie damit „gleiche Chancen für alle“ oder mehr „Bildungsgerechtigkeit“ erzielen können? Internationale Erfahrungen, durch Studien belegt, zeigen eindeutig, dass es ohne Differenzierung nicht geht, dass es in Gesamtschulländern mehr Segregation denn je gibt. Dass in „Gesamtschulstaaten“ Differenzierung über die Geldtasche der Eltern erfolgt, indem sie entweder ihre Kinder in teure Privatschulen schicken oder sich in Gegenden ansiedeln, die sich Ärmere, v. a. Migrant:innen, nicht leisten können, kann doch nicht im Sinn von Parteien sein, denen Chancengerechtigkeit wirklich am Herzen liegt.

Ich plädiere für eine sinnvolle Weiterentwicklung unseres Schulsystems. Diese braucht Zeit, die Berücksichtigung der Expertise der Lehrer:innen und Investitionen. Die Gesamtschule wäre für die Regierung vielleicht billiger, in Wahrheit aber ein großer Schritt in Richtung Rückzug des Staates aus seiner bildungspolitischen Verantwortung.

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