Lesekompetenz (verfasst von Herbert Weiß)

Die Reaktionen der üblichen Verdächtigen auf die Veröffentlichung der Ergebnisse des jüngsten Durchgangs der PISA-Studie waren leider so, wie zu erwarten. Statt sich den Daten oder den veröffentlichten Schlüssen daraus zu widmen, stürzten Politik und Medien sich auf die oberflächlichen Länderrankings. Unterstützt werden sie dabei von selbsternannten „Bildungsexpert:innen“, die leider ebenfalls gerne „übersehen“, dass sich Österreich unter den 22 OECD-Staaten, die regelkonform an PISA 2022 teilgenommen haben, bezüglich der Lesekompetenz der 15-Jährigen an siebenter, bezüglich ihrer Mathematikkompetenz an fünfter und bezüglich ihrer naturwissenschaftlichen Kompetenz an achter Stelle befindet. Sehen so „schlechte Ergebnisse“ in einem Land aus, das dem Schulwesen leider nur mehr 5,3 % der öffentlichen Ausgaben widmet, während dem Schulwesen im OECD-Durchschnitt mit 7,3 % wesentlich mehr Ressourcen zur Verfügung stehen?

All jenen, die sich das Studium der Tausende Seiten umfassenden Studie nicht antun wollen, empfehle ich einen Blick in www.bildungswissenschaft.at. Dort findet man unter anderem die Belege für meine obigen Aussagen. Aber auch Aussagen über Lesekompetenz und Lesegewohnheiten in Österreich oder etwa den Zusammenhang zwischen Wortschatz und der Nutzung digitaler Geräte sind dort abrufbar: „Laut PIAAC 2012 verfügten rd. 17 % der 16- bis 65-Jährigen in Österreich (rd. 970.000 Personen) über niedrige Lesekompetenz.“ (1) „Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder, die selten Bücher lesen und häufig an digitalen Geräten, den höchsten Förderbedarf hinsichtlich ihres Wortschatzes aufweisen.“ (2)

Ich frage mich, warum derartige Erkenntnisse von „Bildungsexpert:innen“, Politik und Medien ignoriert werden. An ihrer eigenen Lesekompetenz wird es ja hoffentlich nicht liegen.

(1) RH (Hrsg.), Leseförderung an Schulen (2020), S. 23.

(2) Dr. Ulrich Ludewig u. a., Sonderauswertung: Zum Stand von Wortschatz und Leseverhalten bei Viertklässler:innen in Deutschland – Daten einer repräsentativen bundesweiten Studie (2022), S. 14.

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